Die 300 Euro Regel und der unendliche Kredit
Sowohl die „300 Euro Regel“ als auch der „unendliche Kredit“ sind womöglich vielen kein Begriff. Doch wenn du dich schon einmal intensiv mit dem Thema Finanzen und dem Umgang mit Geld beschäftigt hast, weißt du sicher, dass Konsumschulden und Kredite meist nichts Gutes sind. Dennoch gibt es sowohl in Deutschland als auch in vielen anderen Ländern unzählige junge, aber auch ältere Menschen, deren Kontostand immer nur für ein paar Tage nach dem Gehaltseingang positiv ist.
Mit dieser Ungeduld, neue Dinge sofort haben zu wollen, machen Banken und Kreditinstitute nach wie vor viel Geld. Somit opfern die Menschen ihre Zukunft, um in der Gegenwart mehr konsumieren zu können. In meinen Videos auf dem YouTube-Kanal Homo Oeconomicus, aber auch hier auf meiner Website unter Finanzen erkläre ich immer wieder, wie wichtig der verantwortungsbewusste Umgang mit Geld ist.
Damit du zukünftig nicht wahllos irgendwelche Konsumgüter anhäufst, die du eigentlich gar nicht brauchst, möchte ich dir gleich einmal an einem Beispiel zeigen, welchen Einfluss deine heutigen Kaufentscheidungen auf dein weiteres Leben haben. Im Anschluss daran erfährst du außerdem, wie sich eine Investition anstatt eines Kaufs positiv auf dein ganzes weiteres Leben auswirkt und welche Rollen die „300 Euro Regel“ sowie die „4 Prozent Regel“ dabei spielen.
So arbeitet die 300 Euro Regel ein Leben lang gegen dich
Stell dir einfach Mal vor, du siehst durch Zufall im Internet ein Angebot für ein brandneues Smartphone. Deins funktioniert zwar noch gut, ist jedoch schon ein bis zwei Jahre alt und hat noch ganz schön dicke Displayränder. Das Smartphone, das dir gerade in all seiner Pracht präsentiert wird, ist gerade erst rausgekommen und überzeugt mit zahlreichen tollen Eigenschaften und Funktionen. Das Beste daran ist jedoch, dass es nur 300 Euro kostet, weshalb du dich dazu entschließt, es zu kaufen.
Nachdem du es in den Warenkorb gelegt hast und gerade bequem online bezahlen möchtest, erscheint ein Pop-up, welches dich auf ein alternatives Angebot hinweist. Dort liest du, dass du entweder einmalig die 300 Euro oder für immer und ewig einen Euro pro Monat bezahlen kannst. Zunächst klingt das super; denn wenn du das Smartphone wie dein altes, nur zwei Jahre nutzt, zahlst du nur 24 Euro.
Nach kurzem Überlegen fällt dir jedoch dein Denkfehler auf und du realisierst, dass du den einen Euro pro Monat auch dann weiterhin bezahlen musst, wenn du das Smartphone gar nicht mehr benutzt oder überhaupt nicht mehr besitzt. Wenn du also noch 60 Jahre lebst, würdest du insgesamt 720 Euro. Daraufhin entschließt du dich natürlich, das Angebot nicht anzunehmen und das Objekt deiner Begierde für einmalig 300 Euro zu kaufen. Das jedoch in Wahrheit beide Angebote vom Prinzip her genau gleich sind, möchte ich dir im nächsten Absatz anhand einer einfachen Rechnung zeigen.
Ein einfaches Rechenbeispiel zum Verständnis der 300 Euro Regel
Nehmen wir einfach Mal an, du würdest den Kauf des Smartphones doch noch kurzfristig abbrechen und die 300 Euro am Aktienmarkt investieren. Da du vielleicht bereits von Dividenden gehört hast, investierst du die 300 Euro in eine Aktiengesellschaft, die eine Dividenden zahlt. Die Dividendenrendite bei diesem Unternehmen beträgt vier Prozent, sodass wir zu der folgenden Rechnung kommen:
300 € Anlagesumme multipliziert mit 4 % pro Jahr = 12 € Dividendenerträge pro Jahr
Wahrscheinlich merkst du bereits, worauf ich hinaus möchte. Denn wenn wir jetzt die 12 Euro Dividendenerträge durch die zwölf Monate des Jahres teilen, kommen wir auf genau einen Euro pro Monat. Allerdings erhältst du die 12 Euro nicht nur in diesem Jahr, sondern auch im nächsten und übernächsten. Wenn es sich um ein solides Unternehmen handelt, kannst du auch davon ausgehen, dass du diese Dividendenerträge vermutlich sogar ein Leben lang erhältst.
Zudem steigern die meisten Unternehmen die Höhe ihrer Dividendenausschüttungen sogar im Laufe der Jahre. Diese Dividendensteigerungen sind meist größer als die Inflation, weshalb dieser Faktor im Grunde außenvorgelassen werden kann. Übrig bleiben also noch Kosten und Steuern, die ich hier der Einfachheit halber weglassen werde. Denn es geht mir vor allem darum, den Grundgedanken hinter der „300 Euro Regel“ zu vermitteln.
Doch was hat das Ganze jetzt mit einem unendlichen Kredit zu tun?
Im Grunde ist es ganz einfach; denn sowohl das Sonderangebot, bei welchem du jeden Monat einen Euro für immer und ewig bezahlen musst, deckt sich mit dem einen Euro, den du monatlich für immer und ewig erhalten würdest, wenn du den Kaufpreis zu vier Prozent Dividendenrendite investieren würde. Während die besondere Bezahloption aus dem Online-Shop also ganz klar ein unendlicher Kredit ist, ist dies vielleicht anhand des Rechenbeispiels zur „300 Euro Regel“ erst auf den zweiten Blick zu erkennen.
Vielleicht kennst du den Begriff der Opportunitätskosten, welche den entgangenen Nutzen einer nicht gewählten Handlungsoption beschreiben. Du hast also in unserem Beispiel die Wahl zwischen:
- Option A: das Smartphone für monatlich 1 Euro für immer und ewig zu kaufen
- Option B: das Smartphone für einmalig 300 Euro zu kaufen
- Option C: das Smartphone nicht zu kaufen & die 300 Euro zu investieren
Dadurch, dass du Option A als unendlichen Kredit erkannt und bereits gestrichen hast, bleiben noch Option B und Option C. Wenn du Option B alleinstehend betrachtest, handelt es sich um einen normalen Konsumgüterkauf. Doch sobald du Option C hinzufügt und dich zwischen beiden entscheiden musst, kommt der unendliche Kredit ins Spiel. Denn anstatt mit einer Börseninvestition ein Leben lang jeden Monat einen Euro zu erhalten, entscheidest du dich dafür, die 300 Euro einmalig auszugeben. Dadurch verwehrst du dir die Option, das Geld zu investieren und zahlst damit nach der Definition der Opportunitätskosten einen unendlichen Kredit.
Das optimale Praxisbeispiel für die „300 Euro Regel“: Realty Income Corporation
Der REIT „Realty Income Corporation” (WKN: 899744, ISIN: US7561091049) ist eine Immobilieninvestmentgesellschaft, die vor allem in Einkaufszentren in den USA, Puerto Rico und Großbritannien investiert. Das US-amerikanische Unternehmen bezeichnet sich selbst als „The Montly Dividend Company“. Damit ist klar, dass „Realty Income“ monatlich Dividenden an seine Teilhaber ausschüttet.
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels liegt der Kurs des REITs bei ungefähr 50 Euro, sodass du mit 300 Euro sechs Anteile am Unternehmen erwerben kannst. Pro Anteil zahlt „Realty Income“ monatlich aktuell in etwa 19 Eurocent Dividende. Multipliziert mit den sechs Anteilen kommst du so pro Monat auf eine Dividende von 1,14 Euro. Da die Immobilieninvestmentgesellschaft bereits seit über 50 Jahren zuverlässig seine Dividenden bezahlt, eignet sich „Realty Income“ also ideal als Paradebeispiel für die „300 Euro Regel“.
Die 4 Prozent Regel in Bezug zur 300 Euro Regel
Ein anderer Ansatz für die „300 Euro Regel“ basiert auf der deutlich bekannteren „4 Prozent Regel“. Denn diese geht bei einer jährlichen Entnahme von vier Prozent des anfänglichen Anlagebetrags aus dem Depot von einem dauerhaften Kapitalerhalt aus. Grundvoraussetzung dafür ist, dass der Anlagebetrag breit am Aktienmarkt gestreut wird. Hierbei spielen Dividenden also zunächst einmal keine Rolle, weshalb die „4 Prozent Regel“ durchaus interessant ist, um die „300 Euro Regel“ auch für thesaurierende also nicht ausschüttende ETFs oder Aktien zu erklären.
Bei Letzteren hingegen greift die „4 Prozent Regel“ jedoch nur dann, wenn dein Portfolio nicht nur aus einer Handvoll Aktien besteht, sondern breiter diversifiziert ist. Denn die vier Prozent, die sicher entnommen werden können, basieren letztendlich auf der langfristigen sowie inflationsbereinigten Marktrendite. Daher nutzt man für die „4 Prozent Regel“ meist ein ETF-Portfolio oder ein sehr großes Aktienportfolio, das weltweit und branchenübergreifend diversifiziert ist.
Da du nun die „4 Prozent Regel“ kennst, hast du wahrscheinlich bereits gemerkt, dass sich diese mit der „300 Euro Regel“ sozusagen deckt. Denn auch bei letzterer Regel nehmen wir die Rendite von vier Prozent an. Während dies vorher jedoch ausschließlich die Dividendenrendite war, kommt durch die „4 Prozent Regel“ nun auch der Faktor der Kursgewinne im Zuge der langfristig durchschnittlichen Marktrendite von vier Prozent hinzu. Somit ist die „300 Euro Regel“ also sowohl ohne Entnahme und mit Dividendenerträgen als auch mit Entnahme und ohne Dividendenerträge umsetzbar.
Einige weitere Beispiele für die „300 Euro Regel“
Neben dem Beispiel mit dem Smartphone gibt es natürlich noch unzählige weitere Möglichkeiten, mit denen du die „300 Euro Regel“ besser verstehen kannst. Bei all diesen Beispielen fällt schnell auf, welche langfristige Auswirkungen die einzelnen Käufe auf dein weiteres Leben haben können. Denn während die meisten Gebrauchsgüter nach zwei, fünf, zehn oder spätestens zwanzig Jahren nicht mehr genutzt werden (können), bleiben die monatlichen bzw. jährlichen Erträge ein Leben lang. Daher möchte ich dir an dieser Stelle gerne noch einmal drei zusätzliche Beispiele sowie die dazugehörigen Rechnungen vorstellen:
Das neue Sofa und die „300 Euro Regel“:
Wenn du dir ein neues Sofa anstatt für 1.800 Euro vielleicht nur für 1.200 Euro kaufst und damit 600 Euro sparst, sind das letztendlich zwei Euro, die du jeden Monat zusätzlich und ein Leben lang bekommst. Denn nach der „300 Euro Regel“ folgt diese Rechnung:
600 € Anlagesumme multipliziert mit 4 % pro Jahr = 24 € Dividendenerträge pro Jahr
Weniger Shopping und die „300 Euro Regel“:
Gerade junge Menschen lieben es oftmals zu Shoppen und geben gut und gerne einige Hundert Euro pro Monat für Kleidung, Schuhe, Parfüms, Technik oder weitere Dinge aus. Nehmen wir an, du schaffst es, deine monatlichen 300 Euro für solche Shopping-Touren (egal ob offline oder online) auf nur 200 Euro zu reduzieren. Damit sparst du 1.200 Euro pro Jahr, was wiederum lebenslang 4 Euro pro Monat entsprechen, wie du hier siehst:
1.200 € Anlagesumme multipliziert mit 4 % pro Jahr = 48 € Dividendenerträge pro Jahr
Das neue Auto und die „300 Euro Regel“:
Anstatt eines neuen Oberklassewagens für 60.000 Euro bringt dich vermutlich auch ein Kleinwagen oder ein Gebrauchtwagen für 6.000 Euro von A nach B. Dadurch sparst du 54.000 Euro und kannst unglaubliche 180 Euro jeden Monat zusätzlich erhalten, wie die folgende Rechnung nach der „300 Euro Regel“ verdeutlicht:
54.000 € Anlagesumme multipliziert mit 4 % pro Jahr = 2.160 € Dividendenerträge pro Jahr
Wie kannst du die 300 Euro Regel nun für dich nutzen?
Nachdem ich nun nicht nur auf die „300 Euro Regel“ mit Dividendenerträgen, sondern auch die „4 Prozent Regel“ mit Ertragsentnahmen und die passenden Beispiele eingegangen bin, möchte ich dir zum Abschluss noch zeigen, wie du die Regel ganz einfach für dich anwenden kannst. Denn bereits mit dem REIT „Realty Income Corporation“ habe ich dir erklärt, wie einfach das Ganze im Prinzip sein kann. Doch auch mit anderen Aktien sowie Indexfonds kannst du super simpel von der „300 Euro Regel“ profitieren.
Wenn du klein anfangen und regelmäßig sparen möchtest, eignen sich Sparpläne optimal. Denn hier kannst du bereits mit kleinen Beträgen ab 25 Euro, oder teilweise sogar noch weniger, deine ersten Aktien- oder ETF-Anteile erwerben. Nehmen wir einfach Mal an, du führst deinen Sparplan in Höhe von 25 Euro nur einmal aus; dann erhältst du bereits einen Euro pro Jahr – ein Leben lang!
Nachdem du diesen kleinen Sparplan ein Jahr lang ausgeführt hast, bekommst du nach der „300 Euro Regel“ bereits zwölf Euro pro Jahr, also einen Euro pro Monat, für immer und ewig. Dabei ist natürlich vorausgesetzt, dass die ausgewählten Unternehmen (ggf. im ETF) auch zukünftig Gewinne machen und finanziell nach wie vor gut aufgestellt sind.
Rechne dir das Ganze unbedingt einmal selbst aus und probiere etwas herum, wie viel passives Einkommen durch Dividendenerträge (oder die jährliche Entnahme) du theoretisch mit einer Sparsumme X jedes Jahr oder jeden Monat bekommen würdest!
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